423 Läufer:innen
erliefen gegen 130’000 Franken Sponsor:innen-Beiträge - herzlichen Dank für den Einsatz!
Medienmitteilung
420 Läufer:innen gingen beim 21. Lauf gegen Rassismus in Zürich an den Start. Sie liefen insgesamt 8'309 Runden à 400 Meter. Mit Karin Rykart (Grüne), Raphael Golta (SP), Simone Brander (SP), Daniel Leupi (Grüne) und Andreas Hauri (GLP) nahmen auch fünf von neun Zürcher Stadträt:innen am Benefizlauf teil.
Hauptrednerin Mandy Abou Shoak kritisierte bei ihrer Veranstaltung den institutionellen Rassismus. „An den europäischen Aussengrenzen werden – im Hinblick auf finanzielle und wirtschaftliche Vorteile – nur wenige Erwünschte willkommen geheissen, während die Mehrheit der Geflüchteten abgewehrt wird. Auch die Schweiz unterstützt die Grenzschutzagentur Frontex bei dieser Arbeit“, erläutert Caroline Schütz, Präsidentin des Vereins Lauf gegen Rassismus.
Der Verein Lauf gegen Rassismus rechnet nach der heutigen Veranstaltung mit mehr als 100‘000 Franken an Sponsoring- und Startgeldern. Mit seinen Einnahmen unterstützt der Verein vier nichtstaatliche Organisationen, die Migrant:innen unabhängig vom Aufenthaltsstatus kostenlose Unterstützung und Rechtsberatung anbieten und deren soziale Integration fördern.Hier kannst du unseren Flyer herunterladen.
Rede von Mandy Abou Shoak am 21. Lauf gegen Rassismus
"Ich war auf der Homepage vom Lauf gegen Rassismus und habe gesehen, dass viele Menschen Statements zum Lauf gegen Rassismus abgegeben haben. In meiner Rede möchte ich mich darauf beziehen. Ich möchte mich auf Statements von Menschen beziehen, weil wir gerade im Kontext von Rassismus ständig von neuem beginnen. Ich bin müde immer wieder von neuem zu beginnen. Es ist ein Kraftakt! Deshalb nehme ich heute und hier Bezug.
Ich nehme Bezug auf Daniel Leupi, er sagt
"Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierungen sind leider Alltag in unserer Gesellschaft. Dagegen gilt es immer wieder anzutreten!"
Ich nehme Bezug auf Balthasar Glättli, er schreibt
"Ob bei der Wohnungs- oder Stellensuche: Migrant:innen werden leider auch in Zürich immer wieder diskriminiert. Ihre Arbeit wird geschätzt. Sie selbst aber nicht."
Ich nehme Bezug auf Raphael Golta, der sagt
"Der Kampf gegen Rassismus und Ausgrenzung war nie ein Spaziergang. Der Lauf gegen Rassismus erinnert uns daran, dass wir uns anstrengen müssen."
Ich nehme Bezug auf Marilyn Umurungi und Jovita Dos Santos Pinto sie schreiben
"Rassismuskritik beginnt mit der Einsicht, dass die Schweiz nicht mehr weiss ist; dass die Kehrseite von Diskriminierungen Privilegien sind."
Ich nehme Bezug auf Anna Schmid, sie schreibt
"Rassismus ist in Zürich allgegenwärtig. Manchmal ist er offensichtlich, oftmals ist er aber viel subtiler. Er versteckt sich hinter Gesetzen und Euphemismen, welche den Ausschluss, das Entrechten und das Wegsperren von Menschen legalisieren."
Ich nehme Bezug auf Corinne Mauch, sie sagt
"Als Stadt Zürich und als Zürcherinnen und Zürcher haben wir eine Verantwortung, gegen rassistische Benachteiligungen vorzugehen."
Und ich nehme Bezug auf Salvatore di Concilio, er sagt
"Wir tragen den Widerstand gegen Rassismus heute hier auf die Strassen."
Ja Wir. Wir sind heute viele. Wir sind viele, die uns auf die eine oder andere Weise gegen Rassismus engagieren. Und das ist auch wichtig, denn es braucht uns alle. Es braucht jede einzelne Person.
Denn obwohl viel hier schon seit Jahren gegen Rassismus kämpfen, bewegt sich nur wenig. Es bewegt sich wenig, weil Diskriminierung auf der einen Seite immer auch Privilegierung auf der anderen Seite bedeutet. Und nur wenn wir Rassismus in dieser funktionellen Logik betrachten, verstehen wir die heftige Abwehr die uns entgegenkommt, sobald wir Rassismus benennen. Das Benennen von Rassismus wird oft tabuisiert und abgewehrt.
Es ist Zeit. Es ist Zeit, dass zumindest wir uns von einem verkürzten Rassismusverständnis verabschieden. Dass wir uns von der Vorstellung verabschieden, dass Rassismus ein kleines Problem einzelner radikaler Menschen ist, dass Rassismus eine absichtsvolle politische oder ideologisch motivierte Tat ist. Wenn wir vorankommen wollen, müssen wir uns einem gesamtgesellschaftlichen Rassismusverständnis verpflichten. Ein Rassismusverständnis, welches die kolonial historischen Kontinuitäten mitdenkt und Rassismus als Ausdruck ungleicher gesellschaftlicher Machtverhältnisse versteht.
So zum Beispiel, wenn wir an die europäischen Grenzen denken und die sogenannte Grenzschutzagentur Frontex. Wen oder was schützt diese Agentur eigentlich genau? Vor wem? Was wir über die Tätigkeit von Frontex hören, sind Geschichten, wie die von Familie Mohamed. Eltern, die davon erzählen, wie sie von Frontex Soldat*innen geschlagen, getreten und erniedrigt werden – und das vor den Augen ihrer zwei Kinder. Wer genau wurde dadurch geschützt?
Oder denken wir an Daau. Sie arbeitet seit über zwei Jahren in einer Botschafter*innenfamilie als Hausangestellte. Durchgehend, ohne Pausen. Sie kommt nicht aus ihrem Arbeitsvertrag raus, wird gleichzeitig auch nicht bezahlt. Ausbeutung auf höchstem Niveau in den vermögendsten Haushalten der Schweiz. Alle schauen weg. Zu Heikel.
Oder denken wir an die Menschen, die in der Schweiz durch rassistische Gewalt getötet wurden. Wir müssen uns die Frage stellen inwieweit behördlicher Rassismus das Geschehen begünstigt oder die Aufklärung behindert hat.
- Khaled Abuzarifa,
- Samson Chukwu,
- Cemal G.,
- Hamid Bakiri,
- Claudio M.,
- Yaya Bakayoko,
- Ousman Sow,
- Alhusein Douto Kora,
- Mariame Souaré,
- Abdi Daud,
- Andy Bestman,
- Joseph Ndukaku Chiakwa,
- Medina Yassin Suleyman,
- Oleg N.,
- Ilhan O.,
- Hervé Mandundu,
- Subramaniam H.,
- Lamin Fatty,
- Mike Ben Peter,
- Salah Tebbouche,
- Roger Nzoy,
- Sezgin Dağ,
- Nesurasa Rasanayagam
Say their Names. Wir müssen ihre Namen sagen, wir müssen ihre Namen laut sagen. Wir müssen ihre Namen immer und immer wieder sagen. Damit sie nicht vergessen werden. Damit sie nicht von der Stille verschlungen werden.
Bis wohin geht unsere Solidarität? Wem gegenüber gilt unsere Solidarität (nicht)? Was sind wir bereit zu geben? Worauf würden wir (nicht) verzichten? In einer Gesellschaft in der die individuelle Freiheit so schwer wiegt, müssten wir uns diese wichtigen Fragen stellen
Eine Rassismuskritische Praxis bedeutet die Wirkungsweise von Rassismus zu verstehen. Also zu verstehen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der kolonialen Vergangenheit Europas und dem aktuellen Sterben an den Mauern Europas. Zu verstehen, dass solidarisch zu sein in der Konsequenz bedeutet, auf Privilegien zu verzichten. Zu verstehen, dass es bedeutet, sich Zeit zu nehmen, um Denk- und Handlungsansätze zu thematisieren. Wir müssen Hierarchisierung, Entmenschlichung, Ausgrenzung immer und immer wieder benennen. Eine rassismuskritische Praxis bedeutet den Anspruch zu haben, das wir uns individuell und institutionell auf den Weg machen, um unsere Selbstverständlichkeiten grundsätzlich in Frage zu stellen und uns auf einen Transformationsprozess einzulassen.
Gegen Rassismus zu sein, ist der erste Schritt. Am Lauf gegen Rassismus teilzunehmen ein zweiter. Es ist Zeit dritte und vierte Schritte zu unternehmen."
Mandy Abou Shoak am 18. September 2022 beim Lauf gegen Rassismus in Zürich